"Zeit" wird immer mehr zur heiß begehrten Ressource bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dies zeigt sich auch in den gerade abgeschlossenen Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie. War vor wenigen Jahren nur der Verdienst entscheidend, ob Mitarbeiter ihren Arbeitgeber als attraktiv einschätzen, ist das Thema „Arbeitszeit“ und damit vor allem gemeint die „selbstbestimmte“ Arbeitszeit stark im Vormarsch. Selbstbestimmte Zeit also, die mir die Freiheit gibt, über mein Tun – oder Nichttun – möglichst alleine zu entscheiden und ohne dabei meinen regelmäßigen Verdienst zu gefährden. Eigentlich ein bisschen wie beim Urlaub, oder?
Inhalte:
Das positive Recht auf bezahlte selbstbestimmte Arbeit
Urlaubstage als Wettbewerbsfaktor
Urlaubstage als Wettbewerbsfaktor
Employer Branding mit Urlaub
Die #NewWork-Komponente: Urlaub statt Gehalt
Entgelttransparenz vs. Verhandlungsfreiheit
Fazit
Das positive Recht auf bezahlte selbstbestimmte Arbeit
So ist der Urlaub von der Arbeit für viele die
„schönste Zeit im Jahr“ und mit ausschließlich positiven Gefühlen verbunden.
Hier hat jeder Arbeitnehmer ein Recht auf bezahlte Freizeit, welches auch nicht
verhandelbar oder verzichtbar ist.
Frühere „no go´s“ in Vorstellungsgesprächen,
nämlich die Fragen, nach flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice und Anzahl der Urlaubstage sind heute
die Regel und werden auch schon bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz
gestellt. Und umso stärker die Rivalität um eine bestimmte begehrte
Berufsgruppe, wie z.B. Java Entwickler, Ingenieure, Datenschutzrechtler oder Mathematiker
wird Urlaub im Rahmen des Themas „Arbeitsbedingungen“ zum attraktiven
Wettbewerbsfaktor für Unternehmen.
Urlaubstage als Wettbewerbsfaktor
Frei nach dem Motto, mehr Freizeit macht
attraktiv lassen sich viele Unternehmen in Bewerbungsgesprächen als auch bei
Gehaltsverhandlungen darauf ein, den Wünschen nach mehr Urlaubstagen als z.B.
gesetzlich oder tariflich vorgesehen sind, zu entsprechen und hier einfach
„mehr zu bieten“. Wie sieht das konkret aus? Das neben den jetzt schon in
vielen Unternehmen über dem gesetzlichen Mindestanspruch – der bei 20 Urlaubstagen bei einer
5-Tage-Woche liegt - 30 Urlaubstage eigentlich schon die Norm sind. Bei den
Mitarbeitern, die sich aufgrund der starken Nachfrage einen Arbeitsplatz
überall aussuchen können oder die für ein Unternehmen besonders wichtig sind,
werden oftmals weitere über die 30 Tage hinausgehende Urlaubstage vereinbart.
Employer Branding mit Urlaub
Urlaubstage als „Employer Branding“ Maßnahme
für Arbeitgeber.
Die #NewWork-Komponente: Urlaub statt Gehalt
Diese Entwicklung ist insofern sehr
interessant, weil das Urlaubsrecht selbst im Arbeitsrecht eher „unauffällig
schlicht“ daher kommt und von der jüngsten Rechtsprechung auch eher kleinteilig
zu einigen Fragen geregelt wurde.
So muss ein Arbeitnehmer z.B. seinen Urlaub
aktiv beantragen, damit er bei Krankheit nicht verfällt. Genauso wie auch die
Anzahl von z.B. tarifvertraglich geregelten oder sogar nach Lebensalter
gestaffelten Ansprüchen auf Urlaubstage nicht unbedingt attraktiv im Sinne
eines „employer brandings“ oder von „NewWork“ sind.
Entgelttransparenz vs. Verhandlungsfreiheit
Damit stellt sich dann eine weitere
interessante Frage, die genauso still daher kommt, wie eine attraktive
Vereinbarung von mehr Urlaubstagen statt einer Gehaltserhöhung. Was bitte,
passiert hier mit der Transparenz? Genauer gesagt, mit der Entgelttransparenz?
Ziel des Entgelttransparenzgesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für
Frauen und Männer (und allen Beschäftigten) bei gleicher oder gleichwertiger
Arbeit durchzusetzen. Und unter Entgelt zählt nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes alles an Grund- und Mindestarbeitsentgelt, was
aufgrund eines Beschäftigtenverhältnisses gewährt werden muss, sowie auch alle
sonstigen Vergütungsbestandteile. Nun werden Urlaubstage genauso vergütet, wie
Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer anwesend und „geleistet“ hat. Ebenfalls
ist der Anspruch auf bezahlten Urlaub Teil des Arbeitsverhältnisses.
Gibt es also Kollegen, die eine gleiche oder
vergleichbare Tätigkeit ausüben und hat der eine von beiden einen höheren
Anspruch auf Urlaubstage vereinbart – und liegt nicht der Fall eines „Abkaufes“
zugrunde- , so bekommt er mehr Gehalt für das, was er an Arbeitszeit leisten
muss als eben sein Kollege. Damit liegt dann strenggenommen ein Fall für das
Entgelttransparenzgesetz vor – soweit die übrigen Anwendungsvoraussetzungen wie
z.B. Größe des Unternehmens, etc. vorliegen. Handelt es sich um ein eher
kleineres Unternehmen, die unter 200 Mitarbeiter beschäftigen, ist ggf. ein
Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu prüfen, der
besagt, dass der Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen einzelnen
Mitarbeitern gegenüber, keinen Arbeitnehmer aus willkürlichen Gründen
schlechter als andere mit ihm vergleichbaren Kollegen behandeln darf.
Fazit:
Urlaub schafft für Mitarbeiter mehr Freiraum
und für Unternehmen Attraktivität im
Wettbewerb für begehrte Arbeitskräfte. Mit Vereinbarungen zu mehr
Urlaubstagen lässt sich hier heute schon viel bezüglich der Ressource „Zeit“ regeln.
Erstaunlich ist, dass der Gesetzgeber gerade mit
dem Entgelttransparenzgesetz einen Anreiz geschaffen zu haben scheint, von
individuellen Vertragslösungen – und damit in Zeiten zunehmender Verhandlungsstärke
der Arbeitnehmer – eher Abstand zu nehmen. Schade eigentlich. Das entspricht so gar nicht dem
Zeitgeist und passt erst recht nicht zu #New Work!
Dieser Beitrag ist Teil der #EFARBlogparade - Brennpunkt Urlaub: Aktuelle Fragen zum Urlaubsrecht.
Quellen
1) BAG v. 13.12.2016, Az:9 AZR, 541/15, NZA, 2017, 271,
2) Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, EntgTranspG,
beck-online
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