Im Rahmen meiner persönlichen Studie, "Und was bitte ist Karriere?" hat sich gezeigt, dass dieses Thema auch stark mit dem der "Führung" zusammenhängt. Genauso wie bei der Karriere gibt es hier viele kluge Forschungen - doch was heißt es eigentlich für mein konkretes Gegenüber, welche Gedanken bewegen die Menschen und Personen dazu, die mir in meinem Umfeld begegnen? Das will ich gerne wissen und erweitere meine Studie um die Fragestellung, was bedeutet gute Führung für Dich persönlich?
So war dies auch der Einstieg für ein kurzes Interview mit Annette Hahn - vielen bekannt unter ihrem PR Namen Annette Creft.
Foto: A. Hahn
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Annette ist Anfang 40 und arbeitet als Texterin und PR-Beraterin. Sie hält unter anderem Vorträge zu "Das bedingungslose Grundauskommen aus Sicht der Frau" und "Frauen und Arbeit 4.0". Seit einiger Zeit bewegt Annette das Thema Führung und so habe ich sie spontan hierzu befragt:
Und was bitte ist
gute Führung für Dich?
Auf
jeden Fall ein spannendes und aktuelles Thema. Das
zeigten z.B. auch die Reaktionen auf meine kürzlich durchgeführte
Twitter-Umfrage.
Vielleicht sollte ich damit
anfangen, was in den Augen vieler Leute schlechte Führung ist. Ich fragte also
auf Twitter nach persönlichen, negativen Erfahrungen mit Horror-Archetypen von
Chefs. Die Beteiligung war sehr lebendig – manche beschrieben direkt ein Klima
der Angst, das in ihrer Firma herrscht, ausgelöst durch Intrigen und gezieltes
Bossing (Mobbing seitens Vorgesetzter). Es gab kaum jemanden, der nicht schon
mal schlechte Erfahrungen mit cholerischen, hinterhältigen, desinteressierten
oder kontrollierenden Chefs gemacht hat. Zu spüren war Wut und
auch Hilflosigkeit, Angst seitens der Arbeitnehmer.
Eine weitere Umfrage, was
sich die Menschen seitens der Führungskräfte denn
wünschen, hob eine Eigenschaft ganz in den Vordergrund, auf die es in erster
Linie ankommt: Empathie.
Empathie – ein elementarer
Beziehungsanker
Die Fähigkeit sich in
andere einzufühlen und angemessen auf Emotionen zu reagieren ist die
Grundvoraussetzung für erfolgreiche Führung. Ein guter Chef interessiert sich
für seine Mitarbeiter und ihre Potentiale, fachlich wie
persönlich.
Empathie bedeutet auch zu verstehen, dass wir alle nicht nur chronisch motiviert und wissbegierig, sondern auch Gewohnheitstiere sind. Sich immer wieder einzuhämmern, "Juchuhh, alles was neu ist, ist toll!" hilft da nun mal nicht. Ich bin auch von vielem was neu ist – wenn es besser als das Alte ist- begeistert; ich habe aber auch Momente, wo ich mich zurückziehen will und einfach nur Ruhe haben möchte. Dazu gehören auch feste, verlässliche Strukturen. Veränderungsprozesse zehren an den Kräften. Wenn man diese im Unternehmen durchführt, muss man jeden Einzelnen mitnehmen und motivieren. Dazu muss man den Kraftaufwand in positive Energie umwandeln und vorleben, dass Neues etwas Gutes sein kann.
Empathie bedeutet auch zu verstehen, dass wir alle nicht nur chronisch motiviert und wissbegierig, sondern auch Gewohnheitstiere sind. Sich immer wieder einzuhämmern, "Juchuhh, alles was neu ist, ist toll!" hilft da nun mal nicht. Ich bin auch von vielem was neu ist – wenn es besser als das Alte ist- begeistert; ich habe aber auch Momente, wo ich mich zurückziehen will und einfach nur Ruhe haben möchte. Dazu gehören auch feste, verlässliche Strukturen. Veränderungsprozesse zehren an den Kräften. Wenn man diese im Unternehmen durchführt, muss man jeden Einzelnen mitnehmen und motivieren. Dazu muss man den Kraftaufwand in positive Energie umwandeln und vorleben, dass Neues etwas Gutes sein kann.
Der unerreichbare Herrscher im Elfenbeinturm wird als Mensch nicht wahrgenommen; ein guter Chef ist für mich Teil des Teams, der sich als Person mit einbringt, Nähe schafft und eine Vertrauenskultur aufbaut. Der "Chef zum Anfassen" wird eher respektiert als der distanzierte Kaiser auf dem hohen Ross.
Gleichzeitig sollte meiner Meinung nach eine gute Führungskraft delegieren und loslassen können. Kontrollfreaks erzeugen ein Klima der Angst, der Mitarbeiter versteift und macht gerade deshalb Fehler. Delegieren bedeutet, Aufgaben abgeben können und trotzdem den Überblick behalten. Aber nicht, in dem man ständig auf die Finger sieht.
Empathie, Authentizität und Menschlichkeit sind Qualitäten, die jede Führungskraft mitbringen sollte.
Was würdest du tun, wenn Du
Chefin wärst?
Das Thema leadership fasziniert mich, weil es ein Schlüssel ist, das Arbeitsleben zu gestalten, ebenso wie die Digitalisierung.
Ich glaube, ich würde jedoch nicht viel
anders machen, als ich es bereits getan habe. Derzeit bin ich als
freiberufliche Texterin alleine tätig - ohne Freelancer. Im Laufe meines
Berufslebens, sei es während meiner Agenturzeit oder als Angestellte, hatte ich mit Assistenten und Praktikanten zu tun. In der Agentur
habe ich sehr gern und erfolgreich mit Freelancern gearbeitet.
Fachkompetenz kann
man sich aneignen – eine neue Persönlichkeit nicht
Hätte ich ein Team, würde
ich immer darauf achten, dass die Leute gut zusammen harmonieren, dass sie
vor allem bereit sind, sich aufeinander einzustellen und zusammenzuarbeiten.
Wer andere Persönlichkeiten respektiert, eine hohe Sozialkompetenz besitzt und
interkulturelles Verständnis hat, ist als Mitarbeiter attraktiv. Fachwissen ist
Voraussetzung, jedoch muss man sehen, welche Dinge man noch dazu erlernen kann- Fachkompetenz kann man sich aneignen, eine neue Persönlichkeit nicht.
Je nach Projekt habe ich mir immer die passenden Grafiker und IT-Spezialisten herausgesucht. Mein Ziel war dabei, die an mich gestellten Anforderungen der Kunden besonders gut zu erfüllen - einen Grafiker, der im Graffiti-Stil malt, kann ich nicht für einen nüchternen Kunden aus der IT gebrauchen. Am wichtigsten war mir aber die Persönlichkeit, Ehrlichkeit und natürlich persönliche Sympathie standen ganz weit vorne.
Je nach Projekt habe ich mir immer die passenden Grafiker und IT-Spezialisten herausgesucht. Mein Ziel war dabei, die an mich gestellten Anforderungen der Kunden besonders gut zu erfüllen - einen Grafiker, der im Graffiti-Stil malt, kann ich nicht für einen nüchternen Kunden aus der IT gebrauchen. Am wichtigsten war mir aber die Persönlichkeit, Ehrlichkeit und natürlich persönliche Sympathie standen ganz weit vorne.
Diese Flexibilität
ist heute unerlässlich
Teams habe ich immer
projektbezogen zusammengestellt – wäre ich Führungskraft in einem größeren
Unternehmen, wäre diese Koordination erst recht notwendig. Potentiale
erkennen und optimal einsetzen bringt die gewünschten Ergebnisse. Man sollte
immer schauen, mit wem man wie die jeweiligen Aufgaben am besten erfüllt. Und
wer weiß, wo sich noch Potentiale verstecken: Vielleicht hat die Schreibkraft
aus der Datenverarbeitung ja Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse und kann so
bei internationalen Projekten unterstützen.
Bei der Auswahl von Leuten
bin ich immer auch sehr nach Intuition gegangen. Vor allem waren mir der Wille
und die Fähigkeit wichtig, schnell und präzise auf neue Anfragen zu reagieren;
ich wusste ja nie vorher, wann welcher Auftrag eingehen würde. Ein Grafiker
arbeitete z.B. gleichzeitig in einer Druckerei, so konnte ich sichergehen, dass
das Endprodukt stimmen würde. Was mich aber am meisten beeindruckte, war seine
schnelle und präzise Arbeit – ich erklärte ihm den Bedarf und er hatte meist
gute Ideen dazu – klar, wäre ich selbst Grafikerin, hätte ich ihn ja nicht
gebraucht.
Man muss den Leuten die Chance geben,
ihre Kompetenzen einzubringen, sie ernstnehmen und respektieren. Kein fähiger
Mitarbeiter wird lange bleiben -Freelancer schon dreimal nicht- wenn er sich
missachtet und gegängelt fühlt. Gleichzeitig hatte ich immer das Ziel vor
Augen, wohin es gehen sollte und diese Richtung klar vorgegeben, damit der
Kunde auch wiederkommt.
Welche Bedeutung hat Führung in
der heutigen Zeit? Braucht es das zukünftig noch aus Deiner Sicht?
Definitiv ja. Aber völlig anders als noch vor
ein paar Jahrzehnten.
Wir leben in einer Zeit,
in der viel
mehr Gewohnheiten wegbrechen als noch vor 20,30 Jahren denkbar. Die Familie mit
dem Mann als klassischem Versorger gibt es immer weniger. Umstrukturierungen im
Beruf sind an der Tagesordnung und auch die klassische Festanstellung in einer
Firma von der Ausbildung bis zur Rente ist quasi vorbei. Lebensläufe werden
bunter, ein Jobwechsel ist oft kein Manko mehr, sondern Teil einer
Karriere.
Digitale Möglichkeiten zur
Verbesserung der Kommunikation und des Zusammenwirkens im Unternehmen werden
derzeit rege diskutiert – das Thema "leadership"
erfreut sich im digitalen Zeitalter einer ganz neuen Relevanz.
Warum
eigentlich eine neue Führungskultur? Vielleicht weil Veränderungen den Menschen
mehr verunsichern als alles andere? Weil sich die Ansprüche der Menschen
gewandelt haben? Weil alte Muster im Beruf nicht mehr funktionieren?
Sicher sind das Faktoren.
Wer heute Chef ist und nicht führen kann, wird kaum noch bequem von
Organisationen getragen, sondern sieht sich äußeren Anforderungen allein nicht
mehr gewachsen. Ein "selbstverständliches Funktionieren" gibt es
nicht mehr, weil auch draußen die Säulen wackeln und rütteln und Neues
entsteht, wieder umgeworfen wird und die Verwirrung in den Köpfen der Menschen
das größte Problem darstellt. Jemand muss den Überblick haben und
führen – und vor allem den Mut und die Durchsetzungskraft haben, Entscheidungen
zu treffen. Transparent und sozial.
Digitalisierung ist
kein Wundermittel – ohne menschliche Qualitäten funktioniert sie nicht
Die Zukunft der Arbeit ist eine Mischung aus analog und
digital – digitale Kommunikation erleichtert die konstante Nähe zum Mitarbeiter
– dies darf jedoch nicht ausarten in Kontrolle. Auch die Gefahr der Entgrenzung
von Freizeit und Arbeit besteht.
Foto: B.Redmann |
Als Angestellte im virtuellen Home-Office – virtuelle Telefonnummer, Headset, Skype - habe ich es tatsächlich schon mal erlebt, dass mich der Chef eines kleinen Start-ups per Skype minütlich überwacht hat. Nach jeder Email, die ich schrieb, poppte dieses elende Fenster auf und es kamen fiese Kommentare und Kritik… seitenlang! In der Zeit hätte er dreimal alles selbst machen können. Am Ende fühlte ich mich im "Home-Office", also in den eigenen vier Wänden verfolgt und traute mich kaum noch, eine Email zu schreiben. Sowas Gruseliges hatte ich noch in keinem Büro erlebt. Das ist nun ein Beispiel, wie auch virtuelle Teams ohne menschliche Qualitäten zwangsläufig scheitern.
Weiterbildung und lebenslanges Lernen sind notwendig, um mit Entwicklungen Schritt halten zu können. Agilität, die Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit ist in aller Munde, weil die Menschen erwarten, dass sich Arbeit - nicht nur der Konsum - ihren Lebensumständen anpasst. Dazu sind aber auf beiden Seiten Flexibilität und Disziplin gleichsam notwendig. Im Home-Office muss man sich auch Regeln setzen und nicht ständig ablenken lassen. Führungskräfte sollten Arbeitsplätze individuell gestaltbar machen.
Es gibt vor
allem keine Pauschalrezepte. Die Möglichkeit, zumindest zweitweise zu Hause zu
arbeiten und der Wunsch nach Gleitzeit sind sehr verbreitet. Dies zeigten auch
weitere Umfragen und eine großangelegte Frauenstudie der Friedrich-Ebert-
Stiftung: Freie Zeiteinteilung und flexible Arbeitsorte stehen ganz oben auf
der Wunschliste.
Die Digitalisierung wird oftmals noch
eher als Problem denn als Chance gesehen. Bei Menschen, die „analog
aufgewachsen“ sind, schwingt zudem immer die Sorge mit, bei Neuem nicht
mithalten zu können und auf die eine oder andere Weise ersetzt zu werden.
Weiterbildung, Aufklärung und das Schaffen einer äußeren und emotionalen
Sicherheit ist mehr denn je Aufgabe der Führungsriege. Gleichzeitig fordert
eine junge Generation von "Digital Natives", dass ihr Bedürfnis nach
schnellem und ständigem Dazulernen gefördert und genährt wird.
Die Ansprüche an leadership sind hoch und auch
Führungskräfte brauchen Anerkennung
Komplexität begegnen, indem man
Prozesse optimiert, Menschen fördert und optimal miteinbezieht, dazu positiv
denken und handeln – das sehe ich als die aktuellen Aufgaben an leadership. Das ist
nicht immer leicht – nicht umsonst sind diese Posten längst nicht mehr so
begehrt; die Bezahlung ist oft nicht viel besser, dafür steigen der
Arbeitsumfang und die Verantwortung. Loyalität und Wertschätzung können
gelebt werden, indem man sie verkörpert.
Mein Fazit:
Führen muss man wollen. Nicht aus
Geld- oder Prestigegründen, sondern um aktiv zu gestalten und Einfluss zu
nehmen. Dann liegt man richtig.
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