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Unsere Arbeit verändert sich: Agilität, Kollaborative Plattformen, Selbstverantwortung und Selbstbestimmung des einzelnen Mitarbeiters stehen vermehrt im Fokus bei Unternehmen. Das hat Auswirkungen auf die Zusammenarbeit. Doch wenn wir über unsere Zusammenarbeit sprechen, dann wirft das unweigerlich auch Fragen zu unserer Vergütung auf – denn schließlich arbeiten wir nicht kostenlos sondern stehen zu unserem Arbeitgeber in einem Austauschverhältnis: Vergütung gegen (Arbeits-)Leistung. Ändern sich also unsere Arbeitsbeziehungen dann ist die Frage berechtigt, ob denn dann noch die derzeitigen Vergütungssysteme eigentlich zum »Neuen Arbeiten« passen? Welche (neuen) Anreize oder Boni brauche ich, wenn wir eine andere Zusammenarbeit haben? Was ist in dem Sinne »gerecht«? Darüber zu sprechen, ist aber immer noch ein Tabu hierzulande. Da es bei New Work um das Miteinander, um Transparenz und Kommunikation geht, lässt sich das Thema Gehalt hier nicht ausklammern. Und schon gar nicht in HR Abteilungen.
Und so
wollen wir #NewPay sichtbar machen. Genauso wie Transparenz bei neuen
Arbeitsformen eine zentrale Rolle spielt, möchten wir zu einem transparenten
Umgang zum Thema Gehalt beitragen.
Wir, das
sind Nadine Nobile, Gründern von CO:X und Initiatorin des New Work Women Netzwerkes und
ich, Britta Redmann, Director Corporate Development&HR bei der VEDA GmbH
und Arbeitsrechtlerin. Dieser Beitrag findet sich auch im Veda Blog https://www.veda.net/de/
Was ist uns wichtig bei #NewPay?
Klare Regeln
Britta: Für
mich als Arbeitsrechtlerin ist es wichtig, dass wir klare Regeln haben. Dass
sich neue Gestaltungslinien - erstens - im gesetzlichen
Rahmen bewegen, und dass diese – zweitens - so aufgesetzt sind, dass sie
konfliktvermeidend sind, ohne ewig langes Auslegen und Diskutieren.
Nadine:
Definitiv, denn klare und einheitliche Regeln sichern Transparenz und
Nachvollziehbarkeit. Das schafft Vertrauen und Akzeptanz, auch dann, wenn
einzelne Komponenten des Vergütungsmodells nicht den eigenen Präferenzen
entsprechen. Denn allen Beteiligten ist klar: Es gibt nicht das eine System,
das allen Ansprüchen gerecht werden kann. Bedeutsamer für Mitarbeiter ist, dass
das bestehende Vergütungsmodell verlässlich ist.
Förderung Agilität
Britta: Die
Bezahlung ist immer noch ein wichtiger Faktor, aber die Kernfrage heute lautet,
inwieweit Kandidaten ihre – ganz subjektiven - Bedürfnisse befriedigt bekommen.
Das Bedürfnis nach mehr Selbstbestimmung ist da: wann arbeite ich, wo arbeite
ich. Es geht um individuelle Arbeitszeitmodelle, die Homeoffice oder
kleine Auszeiten flexibel ermöglichen und die mit agilem Arbeiten abbildbar
sind. Die Verantwortung wird dabei sowohl vom Team als auch vom Einzelnen
mitgetragen. In traditionellen Unternehmen liegt diese noch beim Chef oder der
einzelnen Führungskraft. Je agiler in einer Organisation gearbeitet
wird, umso mehr wird sich auch Verantwortung verteilen müssen.
Nadine: Dem
kann ich nur zustimmen. Wir erleben eine Entwicklung hin zur Individualisierung
und zur Flexibilisierung – und das über alle Altersgruppen. Das zeigt sich
unter anderem beim letzten Tarifabschluss der Deutschen Bahn. Dort hatten die
Beschäftigten die Wahl zwischen 2,6% mehr Lohn, 6 Tage mehr Urlaub oder eine
entsprechend kürzere Wochenarbeitszeit. 58% der Beschäftigten entschieden sich
für mehr Urlaub, 40% für mehr Geld und der verbleibende Rest für geringere
Wochenarbeitszeit. Interessant dabei ist, dass das „Wahlergebnis“ über fast
alle Altersgruppen ähnlich ausfiel. Gleichzeitig konnte die Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft, die diesen Tarifabschluss verhandelt hatte, einen
vierstelligen Zuwachs an Mitgliedern verbuchen. Denn, so eine Gewerkschaftsvertreterin
bei einem Gespräch, die Menschen wollen selbst die Wahl haben, was aktuell
besser in ihre Lebenssituation passt.
Was ist mir diese Leistung wert?
Britta: Auf
welche Art und Weise trägt ein Mitarbeiter zum Unternehmenserfolg bei und was
ist mir diese Leistung wert? Ich glaube, dass unser bisheriges,
zahlengetriebenes Verständnis von Leistung nicht mehr pauschal passt auf
heutige und erst recht künftige Anforderungen. Leistung wird noch weitgehend
bewertet mit „zählen, messen, wiegen“ und mit einer
konkreten Eingliederung von Tätigkeiten in Vergütungsgruppen. Fakt
ist doch, dass Unternehmen es schaffen müssen, sich schnell zu verändern und
auf neue Dinge einzustellen. Das gilt insbesondere auch für die
Mitarbeiter, die in diesen Unternehmen arbeiten. Alles, was dazu beiträgt,
diese Veränderungskompetenz zu fördern, hat eine Wettbewerbskomponente und ist
gut!
Nadine: Ja,
Du hast Recht, und diese stetigen Veränderungen in einem Vergütungsmodell
abzubilden ist eine Herausforderung. Was es dafür meines Erachtens bedarf ist
ein ergebnisoffener Dialog darüber, was ein Unternehmen konkret vergüten
möchte. Und welche Rolle dabei Qualifikation und Erfahrungen, Engagement und
Leistung oder auch soziale Faktoren spielen. Es ist spannend wie unterschiedlich
dazu die Antworten ausfallen. Und es ist immer wieder fasziniert, wenn man mit
Menschen aus Organisationen spricht, die ihr Gehaltsmodell partizipativ
entwickelt haben, wie stimmig die unterschiedlichsten Modelle argumentiert
werden. Vieles ist denk- und machbar – wichtig ist vor allem eines, was passt
zu den Menschen und was dient der Wertschöpfung der Organisation.
Vergütung ist mehr als Geld:
Britta:
Unternehmen wollen die besten Mitarbeiter haben. Und natürlich sollen diese
möglichst lange dem Unternehmen loyal verbunden bleiben. Es wird also zukünftig
noch viel mehr darum gehen, Mitarbeiter zu Unternehmens-“treue“, Verantwortung
und Veränderung zu motivieren. Gerade jedoch die Haltung eines Mitarbeiters,
wie Loyalität, Treue, Verantwortung – das lässt sich in keine vertragliche
Vereinbarung packen. Und damit stellt sich auch die Frage, ob Geld alleine
hier als Motivator ausreicht?
Wenn ich an heutige Vorstellungsgespräche denke, dann erlebe ich, dass
Fragen
nach flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice und Anzahl der
Urlaubstage heute die Regel sind und nicht mehr die Ausnahme. Und
umso stärker die Rivalität um eine bestimmte begehrte Berufsgruppe, wie z.B.
Java Entwickler, Ingenieure, Datenschutzrechtler oder Mathematiker ist, werden
diese Faktoren im Rahmen des Themas „Arbeitsbedingungen“ zum attraktiven
Wettbewerbsfaktor für Unternehmen.
Nadine: Diese Beobachtung kann ich teilen. Und gleichzeitig erlebe ich
immer wieder, sind Mitarbeiter mit der eigenen Arbeitssituation unzufrieden,
dann zeigt sich diese Unzufriedenheit auch sehr oft am Gehalt. Man fordert in
wahrsten Sinne des Wortes ein „Schmerzensgeld“ ein, um das eigene Arbeitsleid
zu lindern. Was wir ebenfalls oft beobachten ist, dass Gehaltsthemen dann hoch
kommen, wenn im Team- oder Unternehmensgefüge Störungen vorliegen,
und sich Mitarbeiter ungerecht behandelt fühlen. Auch dann steht für viele erst
Mal die Gehaltsanpassung im Mittelpunkt. Das ist aber weder nachhaltig für die
Person noch für das Unternehmen.
Hier hilft ein konstruktiver Dialog. Um was geht es konkret bei der
jeweiligen Gehaltsforderung? Was soll die Vergütung aus Sicht des
Mitarbeitenden konkret entlohnen und kompensieren? Dabei lernt die Organisation
nicht nur, welche Bedarfe und Bedürfnisse Mitarbeitende haben, sondern erhält
auch die Möglichkeit schwelende Konflikte und Störungen zu identifizieren und
diese aktiv anzugehen.
Zeit statt Geld
Britta: Die
Ressource Zeit ist sowohl für Unternehmen als auch für Mitarbeiter wertvoll und
ein hohes Gut. Beide „buhlen“ darum: Firmen möchten gerne den Kunden
bestenfalls rund um die Uhr bedienen und seine Wünsche schnellstmöglich
erfüllen – Mitarbeiter möchten gerne über Zeit selbstbestimmen und verfügen.
Wichtig aus meiner Sicht ist, dass es für beide Interessenslagen und damit auch
betrieblich passt. Alle sind hierbei einzubeziehen. Denn die Flexibilität,
die ich anbieten will, kann ja nicht alleine das Unternehmen abfedern, sondern
muss im Team ausgeglichen werden. Und wenn wir von mehr Selbstverantwortung für
Mitarbeiter sprechen, dann gehören sich selbstorganisierende Teams und
entsprechende Prozesse und Strukturen dazu. Denn das Arbeitsvolumen vor der
Brust muss ja erledigt werden. Sonst leidet der Kunde.
Nadine: Und
eine Frage, die wir uns dabei ebenfalls stellen sollten ist, wie viel
Arbeitszeit macht Sinn. Rheingans, Digital Enabler, eine IT-Firma aus
Bielefeld, hat hier eine ganze eigene Antwort gefunden: 25 Stunden Arbeitszeit
bei vollem Lohn. Der dortige Chef ist davon überzeugt, dass es keinen Sinn
macht, wenn Mitarbeiter acht, neun oder gar zehn Stunden am Stück
programmieren. Denn irgendwann nimmt die Konzentration ab, es passieren Fehler
und auf Dauer, bleibt zu wenig Zeit und Energie sich fachlich weiter zu
entwickeln. Aus diesem Grund hat er ein Experiment gestartet und seinen
Mitarbeitern den 5-Stunden-Tag verordnet. Bislang ist der Geschäftsführer mit
den Ergebnissen zufrieden. Und so dauert das Experiment nun auch schon seit
November an.
Ich bin davon überzeugt, dass wir in Zukunft auch in weiteren Bereichen das
Postulat des 8-Stunden-Tags hinterfragen und überdenken sollten. Denn es rührt
aus den Anfängen des Industriezeitalters und das haben wir doch mittlerweile
hinter uns gelassen. Die Frage sollte meines Erachtens auch hier lauten: Was
macht Sinn? Aus Sicht der Beschäftigten und des Unternehmens?
Britta: Genauso sehe ich das auch. Es geht also um viel mehr als nur
Geld beim Thema Vergütung. Ich behaupte sogar, das Unternehmen, wenn sie ein
attraktiver Beziehungspartner für Mitarbeiter sein wollen, in „agilen Währungen“
bezahlen müssen.
Und so möchten wir das Thema gemeinsam von unterschiedlichen Facetten
beleuchten und mit denen besprechen, die es tangiert: mit Ihnen.
Wo: Auf der Zukunft Personal 2018 #ZP18, Hallo 2.1.
Raum 3, Messe Köln
Wann: 13.
September 2018 11:30 – 13:15
Wir freuen uns!
Britta & Nadine