Donnerstag, 9. November 2017

Freiwilliges Engagement als produktiver Wirtschaftsfaktor?!

Foto: B. Redmann
Mit Ehrenamt verbinden wir Menschen, die sich mit viel Leidenschaft und Liebe für eine Sache engagieren. Und ja, bei meinen Recherchen und Interviews habe ich so viel wunderbare Begeisterung erlebt, wenn mir Menschen von ihren freiwilligen Tätigkeiten erzählt haben – egal, ob es sich hierbei um eine karitative, soziale oder sportliche Aufgabe gehandelt hat. So viel positives Empfinden bei Tätigkeiten finde ich heute selten...


Inhalt
  • Engagement als tragende Säule unserer Gesellschaft
  • Leistung statt Arbeit
  • Freiwillig = Leistung ohne Lohn?
  • Ehrenamt als produktiver Wirtschaftsfaktor
  • Was nix kostet muss doppelt gut sein
  • Fazit


Engagement als tragende Säule unserer Gesellschaft
Ich glaube, viele Menschen sehnen sich nach einer „sinnvollen“ Tätigkeit, wissen aber manchmal gar nicht, wie und wo sie gebraucht werden. Im bezahlten Berufsleben bleibt oft – aus den unterschiedlichsten Gründen – manche Sinnerfüllung auf der Strecke. In vielen Bereichen unterstützen freiwillig Engagierte unsere Gesellschaft in wesentlichen Funktionen des sozialen Lebens: sei es im Sport, in dem fast der komplette Amateurbereich ehrenamtlich „trainiert“ wird, sei es im Rettungswesen und Katastrophenschutz, in der Kultur, der Gesundheit oder auch der Politik, um nur einige zu nennen. Ohne all diese engagierten Helfer wäre ein breites Angebot an Diensten und Leistungen gar nicht realisierbar. Freiwilliges, ehrenamtliches Engagement stellt eine tragende Säule für die Versorgung, die Lebensqualität und die Bildung in unserer Gesellschaft dar. Und in dieser zentralen Funktion sorgt freiwilliges Engagement auch für Nachhaltigkeit. 

Leistung statt Arbeit

Freiwilliges Engagement ist – abgesehen von den gesetzlichen Aufwandsentschädigungen – unentgeltlich. Aus diesem Grund gibt es bislang kaum betriebswirtschaftliche Betrachtungen, da die „normalen“ Berechnungsfaktoren wie Umsatz oder Lohnkosten hier nicht vorliegen. Wenn wir jedoch von einer tragenden gesellschaftlichen Funktion ausgehen, ist es wichtig, diese auch einmal unter dem Blickwinkel der Produktivität zu betrachten.

Wenn wir von Leistung sprechen, gehen wir normalerweise davon aus, dass diese in einem geldwerten Gegenleistungsverhältnis steht. Eine Leistung wird erbracht und „bezahlt“. So kennen wir es aus unseren Arbeitsverhältnissen: wir leisten und bekommen im Gegenzug Gehalt dafür. Die Rollen sind dabei eindeutig verteilt: Leistender ist stets der Mitarbeiter, der Bezahlende ist immer der Arbeitgeber. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass in der Regel auch keine Leistung erbracht wird, wenn keine Bezahlung erfolgt. In den meisten Arbeitsverhältnissen ist dies mit Sicherheit der Fall. Gerade deswegen wird in vielen Unternehmen – immer noch – versucht, durch besondere Formen von zusätzlichen Entlohnungen (Zielvereinbarungen, Gratifikationen, Tantiemen, etc…) die Arbeitsleistung der Beschäftigten „anzureizen“ und zu steigern. Geld und Bezahlung gelten in der Wirtschaft oft als Garant für zu erbringende (höhere) Leistung.


Freiwillig = Leistung ohne Lohn?
Dieser Grundsatz „Leistung gegen Entgelt“ ist jedoch nicht absolut anwendbar. Sonst ließe sich das hohe ehrenamtliche Engagement – es engagieren sich 43% der Deutschen im Alter ab 14 Jahren freiwillig für die Gesellschaft, was 30,9 Millionen Menschen entspricht – nicht erklären. Leistung findet hier gerade ohne Geld statt. Und das sogar bei fast jedem Zweiten in der deutschen Bevölkerung! Sämtliches ehrenamtliches Engagement erfolgt in erster Linie aus einer geldunabhängigen Motivation heraus: es geht allein darum, persönliche Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn man so will: es gibt kein Geld und trotzdem eine „Entlohnung“ durch die eigene Erfüllung. Dieses „Austauschverhältnis“ spiegelt sich bisher in vielen Erhebungen hierzu wieder und bestätigt sich auch in meinen persönlichen Interviewerfahrungen. Ebenfalls zeigt sich, dass dabei Motivationen absolut vielfältig und ganz individuell sind, - aber das ist ein noch mal ein anderes Blogthema  😉


Ehrenamt als produktiver Leistungsfaktor!

Wir waren ja bei Leistung und einer mal „produktiven“ Betrachtung von ehrenamtlichem Engagement. In einer Zeit, in der der Staat zunehmend mit der Aufrechterhaltung von bestehenden gesellschaftlichen und sozialen Versorgungssystemen und –leistungen (finanziell) überfordert ist, vielleicht noch einmal eine ganz interessante Perspektive?!

In dem aktuellen Freiwilligensurvey ist untersucht worden, dass ca. 60 % der Engagierten bis zu zwei Wochen pro Woche freiwillig Dienst leisten. Die anderen 40 % leisten im Durchschnitt zwischen drei und sechs Stunden wöchentlich. Legt man hier einen Schnitt von ca. 3,5 Stunden pro Woche zugrunde, ergäbe sich bei den ca. 30,9 Millionen engagierten Menschen in Deutschland eine monatliche Leistung von ca. 14 Stunden. Dies entspräche einem jährlichen Stundenvolumen von ca. 5,2 Millionen Stunden. Würde man beispielsweise dieses unentgeltliche Volumen nur einmal vergleichsweise mit dem gesetzlichen Mindestlohn – aktuell bei 8,84 Euro – multiplizieren, kommt das freiwillige Engagement einer (Arbeits-)leistung im Wert von ca. 46 Mrd. Euro gleich. Nicht schlecht, oder? Damit zeigt sich, dass freiwilliges Engagement nicht nur eine "tragende" Säule unserer Gesellschaft darstellt, sondern die daraus entstehende Leistung auch einen erheblichen Anteil an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung hat.

Was nix kostest muss doppelt gut sein
Den Spruch gibt es sicherlich nicht nur in Köln:"Was nichts kostet - das ist nichts". Für freiwillige Aktivitäten funktioniert das so nicht. Oder anders ausgedrückt: Auch wenn sich hier Menschen ohne geldliche Gegenleistung engagieren, hat dies überhaupt nicht zur Folge, dass Empfänger von ehrenamtlichem Engagement an diese Leistung keine Erwartungen stellen. Ganz im Gegenteil!

Jeder der bereits mit einem ehrenamtlichen Engagement in Kontakt gekommen ist - sei es weil er es selber ausgeübt hat, oder als "Empfänger" - wird wissen, dass an die Ausübung von freiwilligen Tätigkeiten enorm hohe Ansprüche gestellt werden. Denn es handelt sich hier nicht nur um "Hilfsarbeiten" sondern meist um verantwortungsvolle Aufgaben, die genauso effizientes Management und vor allem ein professionelles Miteinander erfordern. Hier muss genauso oder vielleicht sogar noch mehr als bei bezahlter Arbeit sorgfältig, kompetent und sicher gehandelt werden. Sonst verpuffen nicht nur wertvolle Energien sondern es können beträchtliche materielle und vor allem ideelle Schäden entstehen. Ist der Ruf einer (ehrenamtlichen) Organisation oder Vereinigung ruiniert, mag keiner mehr mitmachen oder diese unterstützen und es braucht Jahre, bis sich hier wieder Vertrauen aufgebaut hat...

In jedem Bereich, in dem sich Menschen ehrenamtlich engagieren sind daher ganz unabhängig von ihrer Aufgabe, die Anforderungen an alle Beteiligte gleich:



Quelle Anforderung an EA: B. Redmann

Egal, ob sich jemand als Vorsitzender einer Elterninitiative hat aufstellen lassen, sich für einen Begleit- oder Besuchsdienst von kranken oder älteren Menschen gemeldet hat oder in der freiwilligen Feuerwehr aktiv ist: Für alle gilt: dass sich diejenigen, denen ihr Tun zugutekommt, auf sie verlassen können, dass jeder von ihnen seine Aufgabe ernst nimmt und dabei sein Bestes gibt. Gerade weil sich Menschen freiwillige zur Übernahme einer Aufgabe bereit erklärt haben, sind die qualitativen Erwartungen an die Erledigung einer solchen Aufgabe oftmals viel höher als im Berufsleben, in dem unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten der Maßstab der „mittleren Art und Güte“ – also einer durchschnittlichen Leistungserfüllung – angelegt wird. 

Fazit:

Ehrenamtliches Engagement schafft Produktivität mit Leidenschaft und Liebe. Erfolgreiches Engagement klappt durch eine verlässliche mindestens gute Leistung von Engagierten - und diese erfolgt ohne Geld. Der Qualitätsanspruch an eine ehrenamtliche Leistung ist aber mindestens so hoch, wie für eine bezahlte Verrichtung, - wahrscheinlich sogar höher. Also: hohe qualitative Produktivität mit Spaß an der Sache... Ein Zustand, von dem Unternehmen in der Wirtschaft meist nur träumen....

Quellen:
1)Redmann, B.
, Erfolgreich führen im Ehrenamt, Springer, 3. Auflage 2017
2) Freiwilligensurvey 2014
3) Engagementatlas 09


Mittwoch, 25. Oktober 2017

Und was bitte ist überhaupt Karriere?

Foto: B.Redmann

Aktuell wird vieles diskutiert rund um das Thema "Arbeit". So sprechen wir über die Veränderung der Arbeitswelt und in diesem Zusammenhang über "Neues Arbeiten" oder neue Arbeitsformen. Wir sprechen hier oft darüber, was wir als Mensch und als Mitarbeiter "wirklich, wirklich wollen". Und wir sprechen auch davon, wie sich Unternehmen organisieren sollen, damit es mit dem Erfolg und der Zusammenarbeit noch besser wird. 

Es gibt viel Buntes zum Thema "Arbeit" zu berichten. Doch was bedeutet Arbeit und Karriere eigentlich für den einzelnen? 

Wikipedia sagt: "Die Karriere oder berufliche Laufbahn (von französisch carrière) ist die persönliche Laufbahn eines Menschen in seinem Berufsleben. In der betrieblichen Personalarbeit versteht man unter Karriere "jede betriebliche Stellenfolge einer Person im betrieblichen Stellengefüge. Seit den 1990er Jahren wird in der Karriereforschung davon ausgegangen, dass Karrieren verstärkt - wenn nicht sogar überwiegend - jenseits organisatorischer Grenzen stattfinden. 

Früher - das heißt  - als ich anfing als Schülerin zu jobben - da war Karriere ganz klassisch und klar als beruflicher, finanzieller und damit auch als gesellschaftlicher bzw. sozialer Aufstieg definiert: Vom Azubi zum Bankdirektor. Man fängt klein an und hört groß auf. Und wer ganz oben angekommen war, musste sich nichts mehr sagen lassen, sondern "hatte das sagen" und konnte seine Vorstellungen frei verwirklichen.
Karriere war klar "groß und oben".

Als ich dann mit dem Studium fertig war, ging es in meiner Generation überwiegend darum, dass "frau" erst mal was schafft, ihr Können unter Beweis stellt und möglichst viel bis Mitte 30 erreicht, um sich danach erst dem Thema Familienplanung widmen zu können.
Karriere war hier "viel und gleichzeitig".

Heute erlebe ich als Dozentin Studierende viel "lockerer": Wenn Familie ansteht, dann wird sie "gemacht", wenn sich ein guter Job ergibt, wird dieser angenommen. Eine lukrative Tätigkeit wird nicht mehr um jeden Preis gemacht - überhaupt wird nicht alles "um jeden Preis gemacht".
Karriere ist gefühlt "relativ".


Was ist aus der "guten klassischen Karriere" geworden? Hat  sie heutzutage noch eine Bedeutung für uns heute? Und wenn ja, welche? Oder gibt es heute verschiedene Karrierebegriffe, die gleichwertig nebeneinander stehen? Existiert der Karrierebegriff überhaupt noch oder hat der Karrieregedanke als Leitkonzept vielleicht sogar den Weg in private Dimensionen gefunden?


Eine persönliche "Studie" zum Thema Karriere

Ich wollte mich einmal bewusst weg von irgendwelchen Studien bewegen sondern mich haben hier ganz konkrete, lebendige Menschen interessiert. So ist die Idee zu diesem Beitrag entstanden: eine bunte Palette aus Impulsen, Meinungen, Ansichten rund um das ganz persönliche Thema: 


Was bedeutet Karriere für mich?
Was bedeutet Karriere in der heutigen Zeit?

So lauteten die zwei Kern-Fragen an meine Interviewpartner, die sich alle in ganz unterschiedlichen, eigenen Lebenssituationen befinden und die all, ihre ganz individuelle Sicht auf "ihre" Karriere haben. Gefragt habe ich alle, die mir gerade "begegnet" sind in meinem Alltag. Die folgenden drei waren die ersten, die sich bereit erklärt haben, hier mitzumachen. Sicherlich ist dies keine wissenschaftliche Erhebung. Das ist auch gar nicht die Absicht. Mir geht es hier darum, Erfahrungen zu teilen, vielleicht den ein oder anderen Impuls zu bekommen und einfach mal den zutiefst menschlichen Aspekt von diesem abstrakten Begriff uns etwas näher zu bringen... und vielleicht damit zu eigenen Gedankengängen dazu, was denn "Karriere für mich bedeutet" einzuladen oder gar darüber miteinander ins Gespräch zu kommen. Und damit vielleicht auch die vielen Diskussionen um "neues Arbeiten" wieder etwas konkreter zu machen, nämlich zu schauen, wo hier eigene Vorstellungen liegen und was uns oder mir denn wirklich, wirklich wichtig ist. 


Karriere aus dem Blickwinkel eines "Azubi´s":


Der erste Beitrag ist von Angelo, nicht nur weil sein Name mit "A" anfängt, sondern auch weil er gerade erst in´s Berufsleben gestartet ist und vor knapp zwei Monaten seine Ausbildung begonnen hat:


Foto: A. Voßen


Karriere ist für mich….
Karriere bedeutet für mich, in der Berufslaufbahn, die für einen selbst die richtige ist, möglichst viel zu erreichen. Um Karriere zu machen, ist für mich persönlich wichtig, alles mitzunehmen, was einem auf dem Weg angeboten wird. Karriere mache ich aus meiner Sicht dann, wenn ich mich nicht nur während der Arbeitszeit im Büro mit den Themen beschäftigt, sondern auch viele Gelegenheiten zum Lernen wahrnehme. Z.B. Schulungen oder Trainings, die für jeden verfügbar sind. Karriere kann ich nur dann machen, wenn ich es wirklich will, sprich lernwillig bin und Chancen nutze. Eine gute Karriere kann so laufen, dass ich immer erfolgreicher werde, aber das ist meiner Meinung nach nicht essentiell für eine erfolgreiche Karriere. Erfolgreich ist eine Karriere für mich dann, wenn ich an dem Punkt angelange, an dem ich mit meiner Position glücklich und zufrieden bin. Natürlich spielt es vielleicht auch eine Rolle, dass ich in der Lage bin, mich selbst, und irgendwann eine Familie zu versorgen. Das Wesentliche für meine Karriere oder besser für meine erfolgreiche Karriere ist jedoch für mich etwas ganz persönliches: wenn ich lächelnd den Arbeitsplatz betreten und abends wieder verlassen kann und wenn ich eine Tätigkeit mache, von der ich nicht bereue, dass ich mich für sie entschieden habe. Karriere spielt, wie ich finde, eine bedeutende Rolle im Leben, denn ich finde, meine Arbeit macht einen großen Teil meines Lebens aus und nimmt viel Zeit ein. Eine für mich gute und glückliche Karriere trägt somit zu einem glücklichen und zufriedenen Leben bei. „


Karriere in der heutigen Zeit bedeutet….
„In der heutigen Zeit verstehen unter Karriere meiner Meinung nach viele, dass sie sich immer weiterbilden müssen. Um eine gute Karriere zu haben, muss man immer besser sein als die anderen. Dies fördert, wie ich finde, einen Leistungsdruck, der teilweise auch schon in der Schule bis ins unermessliche spürbar ist. Viele werden dadurch – eben weil sie immer besser werden wollen - gestresst und unzufrieden. Sie verbinden Arbeit und Karriere dann mit Anstrengung und nicht mehr mit Freude und Zufriedenheit. Persönlich habe ich den Eindruck, dass viele Leute der jüngeren Generationen Karriere falsch auffassen. Denn Karriere sollte Zufriedenheit spenden, und nicht Unzufriedenheit. Wenn man sich weiterbilden möchte und auch die Möglichkeit dazu hat, ist es gut, dies zu nutzen. Auf der anderen Seite, ist es auch gut, ab und zu mal inne zu halten und zu schauen, ob es mich wirklich glücklicher macht, noch nach weiteren Sternen zu greifen. Gerade dann, wenn ich schon einen ganzen Beutel voller Sterne habe und das Gewicht dieses Beutels so hoch ist, dass ich ihn gerade noch so tragen kann. Denn mehr ist nicht immer gleich besser, manchmal reicht weniger um zufrieden mit sich und seiner Karriere zu sein. Das ist bei jedem sicherlich anders und das ist auch gut so. Letztendlich glaube ich, sobald man zufrieden ist, hat man eine gelungene Karriere hinter sich. „


Karriere in der Lebensmitte

Wie sieht die Sicht auf Karriere in der "so ungefähren" Lebensmitte aus? Ich wollte es wissen und habe Tobias gefragt, Jahrgang ´74 und mitten drin im beruflichen Wirken:


Foto: T.Illig
Was Karriere nicht für mich ist....
"Karriere ist für mich (Jahrgang 1974) ein selbstbezogenes Konzept der eigenen beruflichen Entwicklung, die nach immer besser bezahlten und immer statusträchtigeren Stellen Ausschau hält. Es geht meist um das eigene Fortkommen und Auskommen, garniert mit Boni, Dienstwägen und schicken Statussymbolen. Deshalb mag ich den Begriff auch nicht, weil ich ihn negativ konnotiere. Denn, was davon bleibt bestehen? Es ist doch nur oberflächliche Kosmetik, die einem zwar das Leben augenscheinlich versüßen kann, aber auf Dauer glücklich machen andere Sachen. Die freudsche Penisneid-Interpretation des „Ich hab den Größten“ („Mein Haus, mein Pferd, mein Auto!“...) bringt Männer auf interessantes Balz- und Dominanzgehabe, nur um Profilsucht zu befriedigen oder den Minderwertigkeitskomplex zu kompensieren. Mit echter Charaktersubstanz hat das nichts zu tun. Bei Frauen ist es dann das „Schneewittchen-Syndrom“: wer ist die Schönste (und Raffinierteste, und Cleverste, und Lieblichste, und Tougheste ...) im ganzen Land. Dabei wissen wir doch alle, dass soziale Vergleiche nur unglücklich machen. Das also darf „Karriere“ für mich nicht sein. "

Was ist es denn dann für Dich?
"Ich nenne es lieber „Biographie“. Schließlich geht es nicht nur um berufliche Belange, sondern auch ums Privatleben. Mittlerweile. Zum Glück. Das ganze Leben macht eine Identität aus, nicht nur, der berufliche Status oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe. Der Karrierebegriff hat sich in den letzten Jahren – sehr markant mit der Generation Y – gewandelt. Das, was ich oben beschrieben habe, gilt zwar nicht mehr so intensiv für alle. Das Leitmotiv bleibt dennoch stark und präsent – auch für Generation Y. Daneben sind aber deutlich mehr andere, alternative Werte getreten. „Karriere“ soll heute Sinn machen. Man möchte etwas zur Gesellschaft, zur Welt beitragen und nicht sinnlos einem Job nachgehen. Man möchte Beruf von Privatleben klar abgrenzen, weil man von einem gesunden Privatleben auch profitieren will – und erstaunlich für die typischen Karrieristen – auch berufliche Abstriche in Kauf nimmt, um Beruf und Privatleben irgendwie zu harmonisieren." 

Was glaubst Du, bedeutet Karriere dann in der heutigen Zeit?
"Da hat sich also schon ein Wandel vollzogen, den ich für den Karrierebegriff sehr interessant finde. Besonders einleuchtend fand ich die Dreiteilung in Job, Karriere und Berufung, wie sie die Michiganer Schule rund um Kim Cameron lehrt. Seinen Ursprung hat das Modell aus der Positiven Psychologie von Martin Seligman (und davor waren es die Griechen!), dem Vater der Glücksforschungbewegung und Positiven Psychologie. Unter Job subsummiert man sämtliche Berufe, mit denen man eben Geld verdient und sein Überleben sichert. Das wäre vielleicht in der Maslowschen Pyramide eher unten angesiedelt. Ein bisschen höher kommen Selbstverwirklichungstendenzen dazu: Die Karriere verfolgt opportunistische Ziele, sucht das Beste für sich selbst und die Organisation. Die höchste moralisch-ethisch zu erreichende Stufe ist die der Berufung (engl. Calling). Mutter Theresa steht für diese Form meist Pate, weil es nicht um egozentrisch-hedonistische Ziele geht, sondern um über sich selbst transzendierende Sinnkategorien, die man mit seinem Leben, nicht nur seinem Beruf ausübt." 

Können alle Karriere machen?
"Natürlich soll man auch bei aller idealistischen Vorstellung den Ball flach halten und die Kirche im Dorf lassen. Jeder Beruf hat angenehme Seiten und mitunter auch sehr unangenehme Seiten. Auch im Berufungsmodus gibt es eher aufreibende Aufgaben oder langweilige Routinen, die eben gemacht werden müssen. Ob man das nun delegieren kann oder nicht, sie sind Bestandteil des Pakets, das man damit gekauft hat. Auch die Karriere oder der Job haben positive und negative Seiten. Insofern verstehe ich viele, die sich eben nicht in einer Karriere selbstverwirklichen können oder viele, die eben nicht in einer Berufung komplett aufgehen können, sondern am Fließband wenig anspruchsvolle Routineaufgaben vollziehen müssen, um für ihren Unterhalt zu sorgen. Vieles von dem Karriere-Gedöns ist nur elitäres Gehabe, mit dem ein Großteil der Bevölkerung nichts anfangen kann, weil dieser Teil der Gesellschaft sich selbst eben nicht selbstverwirklichen kann, sondern abhängig beschäftigt ist." 

Tue, was Du wirklich, wirklich tun willst...
"Einen interessanten Gedanken hat für mich die New-Work-Philosophie von Bergmann in die Diskussion gebracht. Seine Zukunft-der-Arbeit-Philosophie ist u.a. dadurch geprägt, dass Menschen ihre Lebensmittel, Güter und Produkte smart produzieren lassen (von Maschinen) und sich selbst durch ein – so die politische Weiterführung – bedingungsloses Grundeinkommen sichern. Wenn Geld, bzw. das Jagen um Geld und das Sorgen um Geld, nicht mehr den zentralen Stellenwert hat, geht man entspannter an sein Leben heran und darf sich ernsthaft die Frage stellen, was man nun mit seiner Lebenszeit anfangen will. Wenn man also sozial gesichert ist, braucht man Betätigungs- und Bestätigungsfelder, die Sinn machen, zu eigenen Stärken passen und dem Gemeinwohl zugute kommen. Deshalb lohnt sich immer die biografische Frage: Was, wenn Geld keine Rolle spielt, würde ich wirklich, wirklich gerne tun? Eine interessante Perspektive."


Karriere im letzten Drittels des Berufslebens


Doris ist schon lange "im Geschäft". Geboren im Jahr 1955 startete sie mit ihrer beruflichen Laufbahn im Jahr 1955. Wie stellt sich Karriere für sie dar?


Foto: D. Weidinger
Karriere früher und heute für mich...
"Das Wort „Karriere“, lateinisch carrus „Wagen“,  bedeutet dem Sinn nach “Fahrstraße“. Und Straßen führen  bergauf und bergab, es gibt Haupt- und auch Neben- und nicht zu vergessen Seitenstraßen, genau wie bei der  beruflichen Laufbahn: Musterlebenslauf und atypische Karrieren.
Als ich mir damals Gedanken gemacht habe, welchen Berufsweg ich einschlagen möchte, hatten wir nicht das breite Angebot an Informationsmöglichkeiten wie es Schülern heute zur Verfügung steht. Es gab keine Infoveranstaltungen, Berufsmessen oder gar das Angebot, an Schnuppertagen oder im Rahmen eines Praktikums hinter die Kulissen des Unternehmens schauen zu dürfen. Beeinflusst durch den Freundeskreis begann meine Straßenkarte / mein beruflicher Lebenslauf mit  einer mehrjährigen Ausbildung und anschließender Tätigkeit im öffentlichen Dienst, welche von starren Hierarchien sowie planbaren und überschaubaren Aufstiegswegen geprägt war, kurz „Beamtenlaufbahn“.
 Im Laufe meiner Entwicklung musste ich in verschiedenen  sozialen Umfeldern verschiedenen Rollen gerecht werden – Beruf, Freizeit, Mutter… Sukzessive veränderte sich meine Motivation in meinem persönlichen und beruflichen Denken. Zu Beginn haben mich der wirtschaftliche und soziale Aufstieg angespornt, doch immer mehr stand die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben an erster Stelle.
Nach einer mehrjährigen beruflichen Auszeit, in der ich meine Rolle als Mutter genießen  und neben dieser Verantwortung der eigenen und gemeinsamen Freizeitgestaltung viel Raum geben konnte, kehrte ich in Teilzeit in den öffentlichen Dienst zurück. Wenn man bedenkt, dass zu Beginn meiner Karriere beim Arbeitsamt noch 14-tägig das Arbeitslosengeld für jeden einzelnen Leistungsempfänger mittels Lochkarte und dickem, weichen Bleistift angewiesen wurde, hatte zwischenzeitlich der Fortschritt Einzug gehalten – die Bearbeitung eines Antrages auf Leistungen erfolgte am PC und die monatlichen Überweisungen wurden automatisch angestoßen! Fluch und Segen eines neuen Zeitalters, doch Flexibilität war immer noch nicht gefragt und Individualität passte nicht zu den starren Vorschriften. Die Berufswahl und die sich daraus ergebenden Verhaltensmuster entsprachen nicht meinem Drang nach Eigeninitiative und beruflicher und persönlicher Selbstverwirklichung.
Ein mutiger Schritt, ein Umbruch, ein Neuanfang – nach 15 Jahren verlasse ich das sichere Fahrwasser und springe ins kalte Wasser, tausche sichere Beamtenlaufbahn gegen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit bei einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft, klein aber mit intensiven Kontakten zu den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA. Freiheit!
Die Arbeitsabläufe waren neu, den Umgang mit der Technik musste ich Schritt für Schritt verstehen und lernen und die Freiheit bedeutete unter anderem Kampf auf der Karriereleiter. Die Betreuung und Begleitung von Geschäftspartnern schrie förmlich nach einem „Benimmseminar“ – chinesisch mit Stäbchen essen, Rangfolge beim Grüßen … Nach einer intensiven Eingewöhnungsphase überwogen die Vorteile – eigene Ideen haben und auch noch umsetzen dürfen. Bildungsurlaube und Fortbildungskurse machten mir den PC, den Fernschreiber(!) und das Thermofax(!) zum Freund und der Innovation stand nichts mehr im Wege.
In der Lebensmitte angekommen wurde mir bewusst, nicht jeder Beruf, jede Branche, jeder Job ist für jede Lebensphase richtig. Der berufliche Neustart in einem Alter um die 40 ist beschwerlich, früher wie heute. Doch das Motto „höher, weiter, schneller“ passte irgendwie nicht mehr zu mir, nicht Karriereplanung sondern persönliche Weiterentwicklung waren mir wichtig. Hätte ich, was ich heute weiß, schon zu Beginn meines Berufslebens gewusst, viele Entscheidungen wären anders ausgefallen.
Ich begann, Karriere als den Versuch anzusehen, mir eine Identität aufzubauen, weg von einem klar strukturierten Lebenslauf mit den Entwicklungsphasen Kindheit, Beruf, Familie, Rente hin zu alternativen und intuitiven Entscheidungen. In der damaligen Zeit revolutionär. Heute wissen viele Unternehmen diese „krummen“ Lebensläufe zu schätzen, zeugen sie doch von Individualität, Kreativität, Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein.
Meine Entscheidung meine Lebens - Erfahrung, mein Engagement und eine ungestillte Neugier bei VEDA Group einzubringen und weiter zu entwickeln kam genau zum richtigen Zeitpunkt und stellte sich als genau die richtige heraus! Vielfältige Aufgabengebiete machten wieder eine intensive Einarbeitung und das Erlernen umfangreichen Fachwissens notwendig. Mit den Jahren habe ich dieses Fachwissen in internen und externen Seminaren vertieft und reichlich Erfahrungen gesammelt. Die Arbeitswelt und die Bedingungen am Arbeitsplatz  verändern sich immer schneller und niemand darf heute damit rechnen, für die nächsten 20 Jahre seinen Arbeitsplatz sicher zu haben. Galt früher Weiterbildung als Kür, stellt sie heute ein absolutes Muss dar, wobei die Motive für das „Dazulernen“ unterschiedlich sind – Karriere, Gehaltserhöhung, Professionalität, Schutz vor Arbeitslosigkeit … Als typischer Quereinsteiger bei VEDA Group habe ich diese Möglichkeiten zur Entwicklung und Kompetenzerweiterung schätzen gelernt und intensiv zur Steigerung meines Marktwertes und Festigung meiner Position genutzt.
Das Besondere an meiner Arbeit als Office Management Administrator war schon zu Zeiten, als die Definition „New Work“ noch nicht geboren war, die Beschreibung meines Aufgabenumfeldes und meiner Einstellung. Die vielfältigen Bereiche und Themen in der Organisation des Unternehmens fordern und fördern Eigeninitiative und Entscheidungsfähigkeit gepaart mit Eigenverantwortung. In Zeiten in denen Work-Life-Balance und flexible Arbeitszeiten keine Fremdworte mehr sind, habe ich in nicht unerheblichem Maß die Möglichkeit, Zeit und Ort meines Einsatzes  individuell mit zu bestimmen.

Karriere bedeutet heute für mich, die Möglichkeiten, die mein Umfeld mir bietet, abgestimmt auf meine Persönlichkeit, vollständig auszuschöpfen und mich damit zu entwickeln."


Fazit: 

Drei Menschen - drei Perspektiven. Ich bin sicher, da gibt es noch viel mehr...Und wer hier dazu beitragen möchte, ist gerne eingeladen, seine persönliche Sicht auf Karriere zu teilen. Ich für meinen Teil werde auf jeden Fall weiter fragen und sage an dieser Stelle:  Fortsetzung folgt ...


Dienstag, 3. Oktober 2017

#Agilität ist fair

Jedes Schiff ist wie ein eigenes Gehaltsmodell: alle sind anders (Foto: B. Redmann)


Wenn ich in meiner Wirtschaftsethikvorlesung die Frage an meine Studierenden richte, ob sie sich gerecht bezahlt fühlen, dann ergibt sich daraus immer eine rege Diskussion. Die Frage stelle ich besonders gerne in den langen Samstagsvorlesungen – denn sie garantiert mir Lebendigkeit und ein sofortiges „mitmachen“. Egal ob es sich um Studierende handelt, die müde von der Woche (oder vom Ausgehen) sind oder ob es eher stille Vertreter sind: beim Thema faires Gehalt diskutiert jeder mit. Das gleiche funktioniert übrigens auch auf Feiern, falls hier einmal der Gesprächsstoff ausgeht oder ein Austausch gar nicht erst so richtig in Gang kommt: Geld geht uns alle an. 


Inhalt:

#Geld bewegt uns alle
#Fair ist immer eine Frage der Perspektive
#Ethisch fair
#FairPay ist individuell
#NewWork fordert #NewPay
#FairPay ist #agil
#Fazit


#Geld bewegt uns alle
Und das „eigene“ Geld oder die eigene Vergütung scheint ein sehr berührendes, ein sehr persönliches, ein wichtiges und vor allem ein solches Thema zu sein, bei dem jeder aufhorcht und in der Regel eine Meinung hat. Und wenn es nur diese ist, dass er sich ungerecht bezahlt fühlt oder meint, das andere ungerecht bezahlt sind, - oder eben umgekehrt. Wobei letzteres, gerecht bezahlt zu sein, aus meiner Wahrnehmung heraus eher die Ausnahme ist. 

#Fair ist immer eine Frage der Perspektive
In meiner Vorlesung ist diese Frage für mich der Einstieg zum Thema „Gerechtigkeit“. Denn wenn es um die Verteilung von Chancen und Gütern geht – und Lohn ist ja das Entgelt für geleistete Arbeit – dann kommt immer auch die Frage nach der Gerechtigkeit ins Spiel. Und Gerechtigkeit ist seit Platon und Aristoteles, eine anerkannte moralische Leitidee für Gesellschaft und den Einzelnen. Es scheint egal, in welchen Beziehungen wir als Menschen stehen, ob als Verbraucher oder Kunde, ob als Angestellter oder Selbständiger, ob als Unternehmer oder als ehrenamtliche Engagierter – immer werden wir von unserem Sinn von Gerechtigkeit beeinflusst und vielleicht sogar gesteuert und getrieben. Dabei gibt es nicht „die“ Gerechtigkeit. Zur Beurteilung sind verschiedene ethische Zuordnungen möglich. 

#Ethisch fair
Genannt seien hier in diesem Kontext die Unterscheidung nach Leistung, Status, Bedürfnis und Gleichheit. 

Die Leistungsgerechtigkeit
ist das Verständnis der Marktwirtschaft. Wie der Name schon sagt, geht es um den Tausch von Leistung und Lohn. Der Austausch steht im Vordergrund, nicht unbedingt, wieviel zu leisten ist oder ob die Leistung alleine zu verantworten ist sondern dass eine erbrachte Leistung zu entlohnen ist. 

Die Statusgerechtigkeit
basiert auf vergleichbaren Unterschieden. Waren es früher „Sklaven, Bauern, Bürger oder Adelige“, die über unterschiedliche Rechte durch ihren unterschiedlichen Status verfügten, so sind es heute vielleicht „Topmanager, geringfügig Beschäftigte“, oder auch Mitarbeiter in Industrienationen vergleichen mit Mitarbeitern in armen Ländern, die aufgrund ihrer Funktion und Rolle anders behandelt werden. Stichwort z.B., die "Größe des Büros", des Dienstwagens, die Anzahl der Urlaubstage, Übernahme der Altersversorgung, etc… 

Die Bedürfnisgerechtigkeit
legt das Prinzip der Fürsorge zugrunde. Kurz erklärt geht es darum, dass jeder Mensch das bekommen soll, was er zum Leben benötigt. Diese Betrachtung findet sich teilweise in der sozialen Marktwirtschaft und in einem Sozialstaat wieder.  

Die Gleichheit als Gerechtigkeit
geht davon aus, dass jeder Mensch gleichwertig ist und die gleichen Chancen und Rechte haben soll. Wo eine ungleiche Verteilung vorliegt, soll ein Ausgleich vorgenommen werden. Ein Ansatz, der sich im arbeitsrechtlichen „allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz“ wiederfindet, der im Prinzip besagt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. 

Grafik/Bild: B. Redmann
Je nach dem welches Gerechtigkeitsverständnis man nun bei der Bezahlung zugrunde legt, kommt es zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Blickt man durch die Brille der Leistungsgerechtigkeit und wendet diese streng an, führt dies dazu, dass die Leistung und die Wertigkeit der Leistung im Vordergrund stehen. Derjenige, der etwas tut, soll auch etwas bekommen. Dabei müssen sich Lohnhöhe und Leistung möglichst entsprechen.
Bei der Statusgerechtigkeit ist entscheidend, was jemand ist: je nach Titel, Position, Funktion oder vertraglicher Gestaltung bestimmt sich sein Gehalt. Entscheidend ist also eher was ich „bin“ als das, was ich leiste.
Bei der Bedürfnisgerechtigkeit hängt die Entlohnung daran, was der Einzelne für sich oder sein Leben braucht, bzw. was er für sich hier als „brauchen“ definiert. Im Prinzip liegt hier auch das bedingungslose Grundeinkommen nahe.
Und bei der Gerechtigkeit der Gleichheit wäre es ganz strenggenommen so, dass jeder das gleiche verdient, egal wo er für wen arbeitet. Jeder HR-Sachbearbeiter – mal als Beispiel genommen – bekäme egal in welcher Firma das gleiche Gehalt. 

Ethisch betrachtet, ist also allen zurzeit diskutierten Aspekten rund um das Thema „faires Gehalt“ etwas abzugewinnen. Jeder Ansatz ließe sich als gerecht „verkaufen“ – es kommt halt nur auf den jeweiligen „Gerechtigkeitsbegriff“ an. 

#FairPay ist individuell
Wenn also jeweils meine eigene Sicht der Dinge für mein eigenes Verständnis von „fair“ relevant ist, dann bedeutet dies im Umkehrschluss, dass es kein „faires Gehalt für alle“ geben kann. Fair ist immer individuell und nicht allgemeingültig. Es gibt nicht die eine Lösung. Weder für den Einzelnen noch für Unternehmen. So unterschiedlich wie wir Menschen sind, so unterschiedlich sind unsere Ansichten über Gerechtigkeit und Fairness in der Bezahlung. Und manchmal wechseln sich diese auch noch ab: je nachdem, in welcher Lebensphase oder Situation ich mich gerade befinde, habe ich vielleicht auch eine andere Vorstellung von fairer Bezahlung. Muss ich mich z.B. nur um mich selbst kümmern, bin ich gesund und habe weder Kinder noch pflegebedürftige Angehörige, ist mein Verständnis für Gerechtigkeit möglicherweise ein anderes als wenn ich bestimmte finanzielle Einnahmequellen benötige oder nur zeitlich beschränkt arbeiten kann. Genauso kann sich mein eigenes inneres "Persönlichkeits-Strickmuster" auf meine Einstellung zur fairen Bezahlung auswirken: Sehe ich Gehalt als Anerkennung meines Wirkens an, macht es mir Spaß Bonuszahlungen zu erhalten, wenn ich meine Ziele erreicht habe oder möchte ich lieber ein festes Gehalt haben, das nach klaren Kriterien eingestuft ist und von dem ich z.B. weiß, dass sich Gehaltserhöhungen ganz automatisch mit meiner Betriebszugehörigkeit ergeben. 

Es gibt nicht die „eine“ Lösung – Fair ist immer individuell


Der individuelle Blick auf das Gehalt gilt dabei nicht nur für den Einzelnen. Auch Unternehmen entscheiden sich genauso, ob sie „faire Gehälter“ zahlen. So gibt es wahrscheinlich kein Unternehmen, das von sich sagen würde, „bei uns wird ungerecht bezahlt.“ Viele Unternehmen sind zudem tarifvertraglich gebunden. In einem Tarifvertrag finden sich Tarifgruppen, die die Gleichheitsgerechtigkeit („alle in der gleichen Entgeltgruppe werden gleich bezahlt“) und auch Statusgerechtigkeit (Unterscheidungen z.B. nach Meister, Verwaltungsmitarbeiter, Auszubildenden, Techniker, Arzt, etc.) erfüllen. Tarifliche Löhne oder auch der Mindestlohn haben zum Anspruch, dass sie Grundbedürfnisse sichern, also die Bedürfnisgerechtigkeit erfüllen. Und Leistungszulagen bedienen die Leistungsgerechtigkeit. Tarifverträge erfüllen also direkt mehrere Gerechtigkeitsperspektiven. Damit könnten sich unter Umständen mehr Menschen in ihrem Gerechtigkeitsverständnis angesprochen fühlen. 

Aber ob mit oder ohne tarifvertragliche Bindung, in den meisten Fällen werden Unternehmen davon ausgehen, dass sie ein faires System haben. Andernfalls würden sie es ja ändern. 

Oder ???

#NewWork fordert #NewPay
Bekanntlich tun wir uns ja oft schwer, Gewohnheiten zu ändern oder langjährige Gestaltungsweisen und Strukturen zu hinterfragen… aber mal angenommen, es gäbe einen gewissen Druck von außen, z.B. weil Unternehmen nicht mehr so einfach die richtigen, tollen, guten Mitarbeiter finden und vertraglich einkaufen können, so wie sie es bisher gewohnt waren. Z.B. weil es weniger von dieser besonderen Spezies gibt oder gerade auf bestimmte Berufsgruppen eine große Nachfrage besteht und weil genau diese Mitarbeiter eigene, individuelle Vorstellungen von einer für sie passenden und richtigen Vergütung haben, die ihren Werten entspricht. Oder aber, weil in Unternehmen anders zusammengearbeitet und geschafft wird und sich z.B. durch eine agile Unternehmensführung auch die Tätigkeiten von Mitarbeitern schneller ändern und damit andere Wertigkeiten als bisher haben. Hier haben sich Unternehmen dann auch die Frage zu stellen, nach welchen – rechtlichen - Maßstäben die Vergütung bemessen werden kann. 

In diesen Fällen, in denen sich also unsere bisher eher starren Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen aufweichen und individuelle Wünsche und Gestaltungen bedient werden, bedarf es auch weiterer vielfältigerer Lösungen für das Thema Gehalt. #NewWork fordert dies konsequenterweise ein. Wir können nicht über Augenhöhe, Auflösung von Arbeitsorten, Arbeitszeiten, Arbeitsaufgaben sprechen und dabei die Vergütung so lassen wie sie ist. Auch Vergütung muss im Sinne von #NewWork „agil“ werden und den bisher schon verfügbaren rechtlichen Handlungsspielraum ausschöpfen. 

Vergütung muss agil werden


Was bedeutet das konkret? Es muss so individuell wie möglich werden. An dem gegenseitigen Nutzen von Mitarbeitern und Unternehmen ausgerichtet und damit ganz eng verbunden, mit den gegenseitigen Werten bzw. dem jeweiligen Gerechtigkeitsverständnis. Je höher hier die Passung, desto fairer wird Gehalt empfunden werden.
Wie das geht? Nicht pauschal – sondern in Form von individuellen Lösungen. Natürlich kann es sein, dass hier schon auf bestimmte Systeme zurückgegriffen werden kann – siehe oben die Passage zu den Tarifverträgen – doch wer mehr und anderes will und wenn Unternehmen auch ein eigenes Entgeltsystem für erforderlich halten, braucht es kreative, neue, auf die einzelne Situation geeignete Vereinbarungen. Das könnte z.B. so aussehen, dass es gar nicht mehr nur um monatliches Gehalt geht sondern auch um Zeit als neues Zahlungsmittel. So z.B. in dem Sinne, dass die Vereinbarung von bezahltem Urlaub aus unterschiedlichsten Gründen (z.B. wenn das Kind krank ist) möglich ist. Im Prinzip ist hier alles denkbar. Und das genau ist die Herausforderung: alles zu denken. 

Die Herausforderung ist: alles zu denken

#FairPay ist #agil
Das Thema „faires Gehalt“ weckt sofort die Gemüter auf und jeder hat eine Meinung zur eigenen Situation. Sowohl der Einzelne als auch Unternehmen sind gleichermaßen gefordert, sich damit zu beschäftigen und für sich zu entscheiden, welches „gerechte“ Lohnprinzip sie denn bei sich zugrunde legen (wollen). Das erfordert die Auseinandersetzung mit bestimmten Fragestellungen und im besten Falle eine Übereinstimmung von Motiven, z.B. darüber, auf was genau soll es denn jeweils für den anderen beim Faktor Entlohnung ankommt? Auf die Leistung, auf die Ausbildung, auf die Innovationskraft, auf die Loyalität, auf den Wertschöpfungsbeitrag, auf die Bedürfnisse? Wo und wie passen Werte und Überzeugungen hier übereinander?

Wenn wir #NewWork leben wollen dann brauchen wir auch eine #agile Vergütung, die genau die jeweiligen Individuen (Mitarbeiter und Unternehmen) in ihrem aktuellen Umfeld berücksichtigt. 

Definition Agilität:
Agilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens bzw. einer Organisation, Veränderungen in der (Unternehmens-)Umwelt wahrzunehmen, sich schnell und flexibel auf diese Veränderungen einzustellen, Chancen, Potenziale und auch Risiken zu erkennen und eigene Handlungen immer wieder daran auszurichten. Dabei ist ein wesentlicher Aspekt, ständig aus den eigenen Erfahrungen zu lernen und zukunftsorientiert zu handeln. 


Eine #agile Vergütung nimmt genau diese situativen Bedürfnisse zwischen den Arbeitsvertragsparteien auf und stellt sich somit schnell und flexibel auf Veränderungen ein. Dabei sollten eigene Chancen und Risiken immer wieder überprüft werden und Handlungen und Vergütungsvereinbarungen ggf. auch wieder – mit Blick auf die Zukunft - neu ausgerichtet werden können. Aus den eigenen Erfahrungen sollte gelernt werden können, so dass Vereinbarungen auch Raum für Änderungen zulassen sollten.

#Fazit:

Es wird daher konsequenterweise nicht die eine richtige #agile Vergütungsform geben – sondern hier sind Unternehmen und Mitarbeiter gefordert, anhand ihres für sie geltenden gerechten Maßstabes – der damit den Rahmen vorgibt – passende Vereinbarungen zu erschaffen.
Das bedarf neuer kreativer Lösungen. Diese zu finden, hier alles neu zu denken, das braucht Ideen, Mut und Vertrauen zueinander. Denn:


#FairPay bedeutet, neue Wege zu gehen.

Danke an Coplusx Nadine Nobile, Steffi Hornung und Sven Franke die zu dieser Blogparade alle "Arbeitsweltbeweger" aufgerufen haben 😃 

https://www.coplusx.de/2017/09/28/blogparade-newpay-was-verdienen-wir-eigentlich/


Quellen/Hinweise:
1) Aßländer, Michael, Handbuch der Wirtschaftsethik
2) Götzelmann, Arndt, Wirtschaftsethik kompakt
3) Studie Allensbach „Was ist gerecht?“ Gerechtigkeitsbegriff – und Wahrnehmung der Bürger, 2013
4) Redmann, Britta, Agiles Arbeiten im Unternehmen – rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzliche Anforderungen, Haufe, 2017


Mittwoch, 27. September 2017

Vernetztes Arbeiten: "Man muss auch gönnen können" - wer das nicht kann, der sollte lieber alleine weitermachen...

Foto:Britta Redmann

Letztens noch agil und dieses Jahr vernetzt? Ein Widerspruch oder eine Notwendigkeit? Viele reden vom "sich vernetzten", Unternehmen wandeln sich zur Netzwerkorganisation, kollaboratives (also vernetztes) Zusammenarbeiten ist trendy... doch was bedeutet es konkret, vernetzt in einem Unternehmen zu arbeiten und was braucht es dazu, damit es vor allem funktioniert?


Inhalt:
Was sind Netzwerke in Organisationen?
Warum wird vernetztes Arbeiten in Unternehmen immer wichtiger?
Netzwerke als agile Gefüge
Struktur ist nur ein Faktor für Erfolg
Was brauchen Menschen, damit Vernetzung gelingt?
Fazit


Was sind Netzwerke in Organisationen?
Wir alle nutzen sie täglich und ja, wir selbst sind als Mensch ein eigenes komplexes Netzwerk, Teile von uns, wie z.B. unser Gehirn, ist ein Netzwerk, doch wie beschreibt man etwas, was in so vielfältiger Art vorkommt? Was allem gemeinsam ist, ist ein ein System, das über eine Menge von Elementen – sogenannten „Knoten“ – verfügt und über diese Knoten miteinander verbunden ist. Die Verbindung mehrerer Knoten zu einer Gesamtheit ist dann das Netzwerk.

Im unternehmerischen Kontext sprechen wir von Netzwerkorganisationen als eine Form der Aufbauorganisation. Wie bei allen Organisationsformen ist sie eine Möglichkeit, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in einem betrieblichen Gefüge zu verteilen. Dabei kann sich eine Netzwerkorganisation dadurch auszeichnen, dass ihre Mitglieder weitestgehend autonom handeln und durch gemeinsame Ziele langfristig miteinander verbunden sind. Dadurch ermöglichen sich in Netzwerkorganisationen stabile, kooperative und komplexe Beziehungen zwischen den beteiligten Partnern.


Warum wird vernetztes Arbeiten in Unternehmen immer wichtiger?

Unsere Umwelt und damit auch unsere Arbeitswelt werden komplexer. Für Unternehmen heißt das, sie sind quasi gezwungen, sich schnell veränderten Bedingungen des Marktes und damit auch der Kunden anzupassen. Veränderungen müssen antizipiert, erkannt und aktiv angegangen werden. Empirische Studien haben gezeigt, dass das Überleben von Organisationen von bestimmten Prinzipien abhängt. Danach hatten große Organisationen einen Vorteil in Märkten, die sich nur teilweise oder sehr eindimensional ändern. Kleinere Organisationen hatten einen Vorteil in solchen Märkten, die sich vollständig und auch mehrdimensional ändern.


Die Schnellen überholen die Langsamen

Eine hohe Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit sorgt also für eine stabile Marktbehauptung. Ein Netzwerk ist stabil und gleichzeitig wendig. Das ist der Grund, warum sich Unternehmen verstärkt damit auseinandersetzen, ihre Strukturen und Organisationsformen hin zu einer vernetzten Organisation zu verändern.

Netzwerke sind stabil und wendig zugleich

Netzwerke als agile Gefüge

Was zeichnet Netzwerkorganisationen in ihrer Struktur aus? Im besten Fall verbinden sich Netzwerke im "außen" wie im "innen". Für Organisationen heißt das, sich zum einen mit der Umwelt, der Gesellschaft, dem Markt, den Kunden, den Mitbewerbern etc. zu koppeln und wahrzunehmen, was dort außerhalb des eigenen Unternehmens passiert. Im inneren, also in der eigenen betrieblichen Organisation, verhelfen Netzwerke zu einem direkten Austausch. Dadurch ist es möglich, frühzeitig zu erkennen, was meine Mitarbeiter bewegt und ihnen wichtig ist.
In einer Netzwerkorganisation gelingt es viel einfacher, Aufgaben schnell anzupassen, wenn dies von außen, z.B. durch den Kunden oder den Markt – gefordert wird. Es bestehen meist übergreifende Teams. Es gibt wenig bis keine Hierarchie, da eine Netzwerkorganisation gerade dadurch gewinnt, dass Mitarbeiter selbstbestimmt verantwortlich entscheiden. Tätigkeiten von Mitarbeitern sind nicht starr, sondern breit aufgestellt: Jeder soll „immer und überall“ seinen Einsatz und Beitrag leisten können, wo es für das Ergebnis förderlich ist. Informationen fließen an viele oder alle gleichzeitig. Somit erhalten Mitarbeiter zeitnah einheitliche Kenntnisse. Dadurch kann Wissen als auch Erfahrungen miteinander schnell geteilt und aufgebaut werden. Alles was kommuniziert wird, wird einfacher transparent.
Auf diese Weise können sich ganze Unternehmen oder einzelne organisatorische Einheiten schnell und sehr aufgabenfokussiert immer wieder neu an Veränderungen ausrichten. Netzwerkorganisationen sind daher meist agile Gefüge. 

Struktur ist nur ein Faktor für Erfolg
Doch Struktur und schlanke anpassungsfähige Abläufe sind nur ein Faktor für den Erfolg. So arbeiten in Organisationen Menschen zusammen. Menschen funktionieren nicht auf Knopfdruck oder allein durch Regel- oder Strukturwerke. Damit eine Organisationsform funktioniert – und dabei ist es ganz egal welche -  ist es notwendig, dass Mitarbeiter sich darin zurechtfinden. Und sogar mehr als das: Mitarbeiter stützen und bestärken mit ihrem Tun und Handeln überhaupt eine Aufbauorganisation.  Es braucht daher immer Menschen, die zu dieser Struktur passen und Vernetzung leben und lebendig halten. 

Was brauchen Menschen, damit Vernetzung gelingt?

Damit alle Mitarbeiter und Kollegen zusammenarbeiten – also auch Mitarbeiter mit ihren Chefs zusammenarbeiten und nicht lediglich „für sie“ arbeiten brauchte es vor allem drei Dinge:

Klare Ausrichtung. Klare Entscheidungsbefugnis. Klare Haltung.

1. Klare Ausrichtung
Fangen wir von vorne an, mit der klaren Ausrichtung. In Netzwerken geht es um das gemeinsame Ganze. Wenn Mitarbeiter autonom und selbstbestimmt in Netzwerken handeln (müssen!), dann bedarf es eines klaren Zieles, woran sich ihr Handeln orientiert. Andernfalls laufen Netzwerkorganisationen Gefahr, das jeder in eine andere Richtung läuft. Stabile, kooperative und komplexe Beziehungen für die gemeinsame Sache zu schaffen, funktioniert dann nicht. Eine Netzwerkorganisation braucht daher umso mehr eine Vision, eine Richtungsweisung, eine gemeinsame tragende Idee, bzw. eine Vorstellung, wohin es gehen soll. 

Foto: Britta Redmann
2. Klare Entscheidungsbefugnis
Möchten Unternehmen verantwortungsvolle Mitarbeiter haben, die eigenständig die möglichst beste Entscheidung für das Unternehmen und/oder auch für den Kunden treffen, so ist ein eigener Entscheidungsspielraum und Vertrauensrahmen unabdingbar. Hier heißt es loszulassen von bis ins kleinste hinein reglementierten Befugnissen, genauso wie von der Erwartung, „dass alles immer klappen muss“. Soll eine Netzwerkorganisation ihre volle Kraft entfalten, müssen Mitarbeiter Entscheidungsfreiräume haben. Diese Freiräume sollten vorher abgesteckt sein. Diese Freiräume beinhalten auch die Verantwortlichkeit für Fehler. Es gibt nicht immer die Garantie für die einzig „richtige“ Entscheidung. Insofern sind hier Erfahrungen zu zulassen, aus denen gelernt werden kann. Für beide Seiten, sowohl für den Mitarbeiter als auch für den Arbeitgeber, bedarf es einer Risikobereitschaft für Fehler. Wenn getroffene Entscheidungen nicht zum erhofften Erfolg geführt haben, muss der Mitarbeiter mit seiner „Fehl-Entscheidung“ umgehen und daraus lernen. Der Unternehmer muss weiterhin vollstes Vertrauen in seinen Mitarbeitern haben, dass dieser weitere eine bestmögliche Entscheidung trifft und jederzeit sein Bestes gibt.  Beide benötigen Vertrauen: in sich selbst und vor allem auch in den anderen. Um Entscheidungsspielräume zu geben ist ein Vertrauen in den Mitarbeiter, dass er jederzeit sein Bestes gibt unabdingbar.

3. Klare Haltung
Kommen wir zum dritten wichtigen Faktor, der "Netzwerk-Haltung". Hier geht es um eine selbst definierte Art und Weise, sich auf andere Menschen, Situationen und Begebenheiten einzulassen. 
Bei einer Netzwerkorganisation ist das „gemeinsame wollen“ die entscheidende Kraft, die das Netzwerk emotional trägt. Eine partnerschaftliche Beziehung – wie Netzwerke sie schaffen – heißt, nicht nur meinen eigenen Vorteil allein zu betrachten, sondern mich für die Sache einzusetzen, derentwillen es ein Netzwerk gibt. Oder anders ausgedrückt: Netzwerkorganisationen können nur dann funktionieren, wenn diejenigen die sich darin „aufhalten“, dies auch wirklich tun wollen. Sich also wirklich austauschen und miteinander in Beziehung bringen wollen. Eben im Sinne der Sache zusammen zu arbeiten und entsprechend daran das eigene Handeln immer wieder auszurichten. In der Kommunikation, in der Information und in der eigenen Einstellung. Vernetztes Arbeiten ist die Arbeit an einer großen gemeinsamen Win-Win-Lösung. 
Es bedarf daher einer Haltung, nicht nur alleine auf meinen Vorteil oder mich alleine zu schauen. Vielmehr ist genauso der Nutzen des anderen oder der Nutzen für die Gemeinschaft, in diesem Fall das Unternehmen und des Kunden, im Auge zu haben. Konsequenterweise heißt das, den Vorteil und Nutzen des anderen immer mit zu verfolgen und zu fördern. Vernetztes Arbeiten zeichnet sich darin aus, dass es Vorteile für alle schafft. 
Das bedeutet nicht, dass vernetztes Arbeiten völlig selbstlos ist oder der einzelne keinen Erfolg für sich haben darf. Es geht vielmehr darum, dass der Erfolg des einzelnen auch der Gemeinschaft dient. Im unternehmerischen Kontext also, dass der Erfolg des einzelnen auch einen Nutzen für das Unternehmen und/oder den Kunden bringt. 
Das bedarf der Fähigkeit, das große Ganze im Auge zu behalten und Chancen auf Vernetzung immer wieder zu suchen und zu erkennen. Ja, das erfordert ggf. ein ganz neues Denken, sofern das bisherige Umfeld oder auch die handelnden Personen sehr Wettbewerbs- und Konkurrenz geprägt sind. 

Wettbewerbs- und Konkurrenzdenken grenzt ab – vernetztes Denken schafft den gemeinsamen Fokus. 

Besonders bei Führungskräften spielt daher ihr grundsätzliches Menschenverständnis eine entscheidende Rolle, ob sie vernetztes Arbeiten in einem Unternehmen fördern oder behindern. Hier kommt es daher um so mehr auf ihre Haltung und der Fähigkeit, "gönnen zu können" an. 

Fazit:

Wenn Unternehmen mit einer Netzwerkorganisation erfolgreich sein wollen, bedarf diese eine funktionierende vernetzte Arbeit untereinander zwischen allen Beteiligten.

„Alle“ sind auch wirklich alle, also Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam. Bei vernetztem Arbeiten geht es dabei weniger um Hierarchie als mehr um das verantwortliche Tun des Einzelnen, ausgerichtet an der gemeinsamen Sache, dem Produkt oder der Dienstleistung des Unternehmens. Der Erfolg eines Einzelnen wird als nützlich für die Gruppe erkannt und ihm gegönnt. Denn Menschen in einem Netzwerk verstehen sich als Partner und arbeiten als solche zusammen. Ein „führen von oben herab“ und vor allem ein Konkurrenzdenken widerspricht einer vernetzten gemeinsamen Zusammenarbeit. Das eigene Menschenverständnis und bei Führungskräften daher insbesondere ihr Führungsverständnis trägt daher entscheidend für den Erfolg bei, ob vernetztes Zusammenarbeit in Unternehmen gelingt.



Quellen/Hinweise:

1) Redmann, Britta, Agiles Arbeiten im Unternehmen, Haufe 2017        
2) Vortrag Prof. Fischer "Agilität, was ist das, wozu brauchen wir sie und wie bilden wir sie aus? auf HR Agile Conference, 2017, Köln 
3) siehe auch: http://www.huffingtonpost.de/britta-redmann-/von-darth-vader-superheld_b_18356634.html





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